Gedanken zur Winterruhe

Posted in Sonstiges by Thomas Bobb on 31 January 2020

Winterruhe

Da das Thema Winterruhe immer wieder auftritt, wollte ich nun auch endlich mal meine Erfahrungen und etwas Informationen zur Winterruhe mit euch teilen. Gerade Anfänger haben oft Schwierigkeiten, wenn diese vor ihrer ersten Winterruhe stehen. An sich gibt es eine große Fülle an Informationen, jedoch unterscheiden sich diese in manchen Details. Ich möchte jetzt nicht zu sehr auf die Details eingehen, etwa ob schon 3 Monate Winterruhe für die einheimischen Arten ausreicht, sondern möchte euch einfach eine "Empfehlung" geben. Diese können an der einen oder anderen Stelle "falsch" bzw. "anders" als die üblichen Quellen sein. Diese basieren auf meine Erfahrungen mit der Ameisenhaltung.

Zuerst muss folgendes unterschieden werden. Einerseits gibt es die klassische Winterruhe, sprich wie bei unseren einheimischen Arten, andererseits gibt es die sogenannte Diapause, die bei exotischen Arten zu beobachten ist. Der Grund für die Winterruhe ist meist dieselbe, und zwar "überwintern" die einheimischen Arten indem sie, jetzt sehr einfach ausgedrückt, ihren Stoffwechsel auf mein minimales reduzieren und warten, bis es wieder wärmer wird und sie wieder Nahrung finden können. Klar muss man hier noch erwähnen, dass es den exogenen und den endogenen Eintritt in die Winterruhe gibt.

Exogene Winterruhe

Die exogene Winterruhe wird durch externe Einflüsse bei den Ameisen eingeleitet. Hier kann z.B. die verkürzte Tageszeit (Licht), die Temperatur oder die Verfügbarkeit von Nahrung die ausschlaggebenden Faktoren sein, dass eine Ameisen Kolonie mit der Winterruhe startet.

Endogene Winterruhe

Die endogene Winterruhe wird durch die sogenannte "innere Uhr" der Ameisen eingeleitet. Sprich sie starten nach einem bestimmten Zeitraum selber mit ihrer Winterruhe. Gerade bei warmen Frühlingen und heißen Sommern kann man beobachten, dass bereits Ende August der ersten Ameisen sich auf die Winterruhe vorbereiten und fast keine Aktivität mehr zeigen.

Warum ist eine Winterruhe sinnvoll

Nun fragen sich einige, weshalb man in der Ameisenhaltung die Winterruhe machen sollte. Dazu gibt es leider viele widersprüchliche Meinungen. Es gibt stimmen, die sagen, dass man nicht unbedingt eine Winterruhe machen muss. Ich bin da der gegenteiligen Meinung. Ich gehöre zu denen, die bei der Kolonie eine Winterruhe empfehlen würde (Exoten natürlich ausgeschlossen). Leider gibt es zu dem Thema nicht viele Studien, aber es gibt trotzdem genug Argumente für eine Winterruhe. Im folgenden Liste ich ein paar Punkte auf:

Einige Arten ziehen ohne Winterruhe keine oder fast keine Geschlechtstiere auf

Gerade in der Ameisenhaltung ist für mich eines der "Ziele" für die Haltung, dass eine Kolonie Geschlechtstiere aufzieht. Das ist ein Zeichen für mich, dass man alles richtig mit ihnen macht und es der Kolonie gut geht. Geschlechtstiere ist an sich ein Zeichen, dass sie auch "nutzlose" Tiere großziehen und die Versorgung ausreichen ist. Über das Wort nutzlos kann man nun streiten, aber wenn man sich eine monogyne Kolonie ansieht, sind bringen Geschlechtstiere einer Kolonie nicht weiter (übernehmen keine Aufgaben wie z.B. die Futtersuche), verbrauchen auch noch Nahrung und müssen natürlich in der Entwicklung gepflegt werden. Bei den Myrmica ssp. werden oft Geschlechtstiere nur aus der Brut großgezogen die Überwintert wird, Stichwort slow-brood

Eventuell kürzere Lebenserwartung beim Auslassen der Winterruhe

Es gibt Stimmen, die behaupten, dass man durch das auslassen der Winterruhe die Lebenserwartung einer Kolonie sinkt. Leider gibt es dazu keine wissenschaftlichen Studien (meines Wissen nach) die das mal genau untersucht hat. Um solch eine Studie überhaupt machen zu können muss man natürlich viel Zeit mitnehmen. Wenn man z.B. die Lasius niger genauer betrachten. Eine Königin hat eine "Lebenserwartung" von ~20 Jahren. Möchte man nun eine Studie über die Lebenserwartung machen, müsste man einige Kolonien dauerhaft unter gleichen bedingen Halten. Gruppe A würde eine Winterruhe bekommen, Gruppe B nicht. Hier reicht es auch nicht, dass jede Gruppe nur 2-3 Kolonien sind, da dann statistische Abweichungen zu sehr ins Gewicht schlagen würden. Man müsste die im großen Stil aufziehen, sodass man eine fundierte Aussage treffen kann. Hat man nun z.B. 50 Kolonien pro Gruppe, sollte man diese natürlich über diese 20 Jahre halten. Nun stellt euch einfach vor, ihr müsst 100 Kolonien, der gleichen Art, über 20 Jahre beobachten... Aber kommen wir zurück zum eigentlich Punkt. Wenn man nun eine normale Phase eines Jahres einer Gyne betrachtet. Im Frühjahr geht es los. Die Kolonie wacht aus der Winterruhe auf. In jeder Winterruhe gehen Tiere ein (natürliche Selektion). Die Kolonie hat keinerlei Futterreserven, eventuell sogar Larven mit überwintern, die nun gefüttert werden müssen. Nun fängt die Königin an, wie "verrückt" Eier zu legen. Dies zerrt an ihren Kraftreserven (kann man das so sagen?). Sie legt eigentlich kontinuierlich Eier bis zum nächsten Eintritt in die Winterruhe, klar weil es ihre Aufgabe ist, aber auch um die Nahrungsversorgung der Kolonie und somit auch ihre Existenz sicher zu stellen. Die Winterruhe ist somit eigentlich auch eine Ruhezeit für die Königin, sodass diese Winter neue "Energie" für das darauffolgende Jahr sammeln kann

Weniger Aktivität beim Auslassen der Winterruhe

Es gibt Stimmen, die behaupten, dass die Aktivität einer Kolonie abnimmt, sobald man die Winterruhe auslässt. Ob dieser Punkt nun wahr oder falsch ist kann ich nicht sagen. Natürlich kommt es auch auf den Winterruhezyklus der Kolonie an. Hat die Kolonie einen endogenen Zyklus nimmt deren Aktivität gewissermaßen ab, sobald die Kolonie ihre Winterruhe Antritt (Zeitpunkt). Bei einer exogenen kann ich leider nichts sagen, dass meine Kolonien alle ihre Winterruhe bekommen. Deshalb werde ich nun mutmaßen. Wir befinden uns nun in der Hochphase aus der Sicht der Kolonie (z.B. Sommer). Es ist Nahrung im Überfluss vorhanden, die Temperaturen sind hoch, sodass sich die Brut schnell entwickelt. Für den Halter die spannendste Phase. Das dies nicht irgendwie an der Königin zehren sollte kann ich aber nicht wirklich glauben. Dauerhaft den hohen "Stoffwechsel" kann für ein Tier nicht gut sein.

Persönliches Empfinden

Lässt man nun die ganzen anderen Punkte außer Acht, was soll sonst noch für eine Winterruhe sprechen. Bei mir persönlich finde ich das Gefühl auch immer wichtig, dass man einerseits selber eine "Pause" von diesen Kolonien bekommt. Ich sagen oft in meinen Videos, dass manche Kolonien einfach Selbstläufer sind und man nichts Besonderes machen muss. Gerade wenn ich meine Lasius niger oder Camponotus herculeanus anschaue. Den ganzen Sommer über bekommen sie wenig Beachtung von mir, da sie ja "da" sind. Wenn diese in die Winterruhe gehen merke ich das nicht wirklich, ob ich nun ein paar mehr oder weniger Kolonien habe. Jedoch ist das Gefühl, wenn Sie aus der Winterruhe kommen genau das Gegenteil. Ich freue mich richtig, wenn ich die Kolonien wiedersehe. Gerade die ersten Wochen danach beobachte ich sie wieder regelmäßig, vor allem um zu erfahren, wie sie die Winterruhe überstanden haben. Klar immer laufe schwächt dies wieder ab, aber ich kann mir sicher sein, wenn Sie bei mir im März aus der Winterruhe kommen, ich sie wieder regelmäßig beobachten werden.

Die Winterruhe

Nachdem wir nun den theoretischen Teil zur Winterruhe genug betrachtet haben, möchte ich nun eher mit dem doing zur Winterruhe auseinandersetzen. Gerade Anfänger haben oft Schwierigkeiten bzw. wissen nicht, was sie wann und wie tun sollen. Ich versuche das nun so gut es geht und mit so wenig offenen Fragen wie möglich, eine Art "Fahrplan" schreiben. Wann was zu tun ist. Vor allem möchte ich auf den Unterschied, was machen die Ameisen, was macht der Halter eingehen. Prinzipiell kann man bei der Winterruhe von einem Zeitraum von 4-6 Monaten ausgehen. Im Allgemeinen wird eine Temperatur von 5°C - 8°C empfohlen. Vorher diese Werte stammen kann denke ich keiner sagen. Es ist so ein typischer Wert den man überall liest. Gerade Anfänger machen sie um diese Temperatur zu viele Gedanken. "Mein Kühlschrank hat 3°C, ist das zu kalt?" sind typische Fragen, die man in der Winterzeit oft liest. Meine Empfehlung hier ist. Es sollten maximal 8°C haben, eher weniger. Wenn es zu warm ist senken die Ameisen nicht ihre Aktivität und überwintern "warm". Gerade meine Kolonien werden im Styroporboxen auf dem Balkon überwintert. Das Thermometer in den Boxen meldet auch regelmäßig Temperaturen unter dem Gefrierpunkt. Es schadet kurzzeitig nicht den Tieren. Sie haben noch alle (zumindest fast alle) die Winterruhe bei mir überstanden. Deshalb macht euch nicht zu sehr sorgen um die Temperatur. Größere Sorgen würde ich mich zur Austrocknung der Kolonien machen. Aus meiner Erfahrung kann ich euch sagen. Es sterben mehr Kolonien indem Sie im Winter vertrocknen (ja dort brauchen sie auch Wasser) als das sie erfrieren. Wichtig ist, dass ihr die Feuchtigkeit oder das Wasserreservoir regelmäßig prüft.

Vorbereitung zur Winterruhe

Ameisen

Die Ameisen bereiten sich eigentlich, je nach Rhythmus folgendermaßen auf ihre Winterruhe vor. Sie leeren ihren Darm und den Sozialmagen. Larven verlieren deutlich an Wasser. Dieses Verhalten verdickt ihre Körperflüssigkeiten, der Salzgehalt erhöht sich, sodass sie einen höheren Gefrierpunkt bekommen. Kurz gesagt schütz sie das gegen Erfrierungen.

Halter

Als Halter kann man folgenden zur Vorbereitung der Kolonien machen, um sie für die Winterruhe zu unterstützen. Man kann ersten die Nahrung einschränken, das heißt, man nimmt die Zuckerwasser Tränke aus der Arena und stellt diese einen Tag die Woche nur noch in die Arena. Proteine gibt man auch nur noch selten. Dadurch simuliert man Futtermangen. Dieses fange ich immer ungefähr Ende Oktober Anfang November an. Im November stelle ich auch schon mal (abhängig der Temperatur) die Kolonien bereits in Styroporboxen auf den Balkon, lasse den Deckel aber noch offen.

Winterruhe bei einheimische Arten

Ameisen

Die Ameisen reduzieren ihren Stoffwechsel auf ein Minimales. Hier wird jedoch oft der Unterschied zwischen Winterruhe und Winterschlaf, gerade von den Anfängern verwechselt. Ameisen schlafen nicht während des Winters, sondern sie Ruhe. Bei genauer beobachten erkennt man noch eine minimale Aktivität. Vereinzeln bewegen sich die Tiere.

Halter

Als Halter ist es wichtig, dass die Tiere nicht während des Winters vertrocknen. Gerade bei geringen Temperaturen sollte man regelmäßig die Feuchtigkeit des Nestes überprüfen und gegebenenfalls nachfeuchten. Befinden sich die Tiere noch im Reagenzglas sollte hier der Wasserstand des Reservoirs überprüft werden. Der häufigste Tot in der Winterruhe ist nicht die Temperatur, sondern das austrocknen. Diese Gefahr erhöht sich stark falls die Tiere im Kühlschrank überwintert werden, da dieser Feuchtigkeit aus seiner Umgebung zieht.

Ende der Winterruhe

Ameisen

Die Ameisen steigern bei höheren Temperaturen langsam ihre Aktivität und fangen wieder an nach Nahrung zu suchen. Nach dem Ende der Winterruhe sind diese noch sehr träge, aber nach ein paar Tagen haben diese wieder ihre normale Aktivität zurück.

Halter

Man sollte am Ende der Winterruhe, die ich normalerweise so Ende Februar bis Anfang März beende, die Tiere nicht wieder direkt ins warme stellen. Besser ist es, diese langsam wieder an höhere Temperaturen zu gewöhnen. Bei mir werden diese vom Balkon zuerst in meinen unbeheizten Flur gestellt. An ihren gewohnten Platz kommen die Kolonien dann wieder nach einer Woche. Nun kann auch wieder wie gewohnt gefüttert werden.

Andere Formen der Winterruhe

Abgeschwächte Winterruhe

Von abgeschwächter Winterruhe spricht man, wenn die Tiere z.B. aus dem mediterranen Raum stammen. Diese Tiere brauchen keine so lange Winterruhe. Des Weiteren muss darf man diese auch nicht auf dem Balkon oder Kühlschrank überwintern, sondern am besten in einem unbeheiztem raum bei ~10°C. Die Winterruhe sind auch keine 5-6 Monate, sondern es reicht aus, dass diese 3 Monate dauert. Gerade bei einen Pheidole pallidula führe ich diese aus, indem ich zuerst die Heizmatte ausschalte und diese dann in einen unbeheizten Raum stelle. Bei den Pheidole scheiden sich nun die Geister, ob sie eine Winterruhe benötigen oder nicht. Egal wie nun die richtige Antwort lautet, ich gönne meinen eine Ruhepause

Diapause

Von Diapause, genauer Dormanz, spricht man, wenn exotische Kolonien für eine bestimmte Zeit die Eiablage einstellen und eine Ruhepause einlegen. Wie in der Winterruhe gibt es hier wieder die endogene und die exogene Diapause. Genau wie in der Winterruhe spricht man hier von der "inneren Uhr" oder von äußeren Faktoren, die zum Beginn der Diapause führen.