Gründung einer Ameisenkolonie

Posted in Sonstiges by Thomas Bobb on 28 April 2020

Eine neue Ameisenkolonie ensteht

BegattungBegattung
Nachdem die Königin erfolgreich während des Schwarmflugs begattet wurde muss diese als nächsten ihre Kolonie gründen. An sich fängt nun die gefährlichste Zeit für eine Ameisen Königin an. Sie ist nun auf sich alleine gestellt und muss nun ihre eigene Kolonie gründen. Es gibt leider keine genauen Zahlen, wie viele Ameisen Königinnen es schaffen, eine große Kolonie zu gründen. Die einzige Zahl die ihr parat habe sind lediglich 0.2% der Königinnen schaffen eine Kolonie gründen (Aus der Dokumentation "Im Königreich der Ameisen - Ein Ameisenreich" entsteht von Kyu Seob Kim). Da diese Zahlen aus Südkorea stammen kann man sie nicht 1 zu 1 bei uns übernehmen, aber bei uns wird sich sicher die Zahl auch unter der 1% Grenze bewegen.

Wenn ihr zu faul um zu lesen seit, ich habe auch ein Video zur Gründung gemacht. In diesem erkläre ich auch die wichtigsten Schritte. Informationen zum Einstieg in die Ameisenhaltung

An sich gibt es 3 verschiedene Gründungsformen, die ich nachfolgend genauer beschreiben möchte.

Gründungsformen

Unabhängige Gründung

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Von einer Unabhängigen Gründung spricht man, wenn eine Ameisen Königin unabhängig von anderen Arbeiter oder Königinnen gründen. Sprich sie gründet ganz alleine ihre eigene Kolonie.

Nachdem Schwarmflug streifen diese Königinnen ihre Flügel ab und fangen an eine geeignete Stelle für ihre Gründung zu suchen. Gerade im Spätsommer kann man teilweise hunderte Lasius niger Königinnen beobachten, die eine geeignete Stelle suchen.

Haben sie solche eine Stelle gefunden graben sie meist eine sogenannte Gründungskammer. Aus diesem Grund sind Schwarmflüge auch oft vor Gewittern zu beobachten, da durch den Regen der Boden weicher ist und sich die Gründungskammer leichter graben lässt.

In den meisten Fällen wird die Gründungskammer durch die Königin verschlossen. (außer in der semiclaustralen Gründung). Daraufhin fängt die Königin an ihre ersten Eier zu legen.

Claustrale Gründung

Lasius nigerLasius niger
In der claustralen Gründung versorgt die Königin ihre ersten Eier und larven durch den abbau ihrer nun überflüssigen Flugmuskulatur. Vielleicht ist es auch auch schon aufgefallen, dass die Königin mehr Eier legt, als sie Versorgt. Diese Eier dienen gleichzeitig auch als Nahrung für die Königin selbst und aber auch als Nahrung für die Larven. Solche Eier nennt man auch "trophische Eier". Der Vorteil der claustralen Gründung einer Königin ist somit, dass es für sie sicherer ist eine Kolonie zu gründen, da sie nicht ihre sichere Gründungskammer verlassen muss. Evolutionär ist dies auch eine Weiterentwicklung gegenüber der semiclaustrale Gründung.

Sobald die ersten Arbeiter geschlüpft sind versorgen diese die Königin und die neue Brut. Die erste Generation der Arbeiter nennt man auch Pygmäen. Diese sind meist kleiner als die weiteren Generationen. Dies liegt vermutlich an der geringeren Proteinversorgung während der Gründung.

Typische einheimische Arten die clausal gründen:

  • Lasius niger
  • Lasius flavus
  • Camponotus ligniperdus
  • Camponotus herculeanus
  • Formica fusca

Für den Ameisenhalter kann man den unterschied, wenn man die Art nicht genau selber bestimmen kann, gut an der Königin selber erkennen. Hat eine Königin viele Reserven, kurz gesagt ist sie dick, kann man davon ausgehen, dass diese clautral gründet.

Semiclaustrale Gründung

Manica rubidaManica rubida
In der semiclaustralen Gründung geht eine Königin während der Gründung aktiv auf Nahrungssuche. Sie besitzt gegenüber clausal gründenden Arten nicht genug Reserven um die ersten Generation selbstständig zu versorgen. In diesen Fällen wir die Gründungskammer immer nur temporär verschlossen. Die Königin verlässt somit in regelmäßigen Abständen ihre sichere Gründungskammer um Nahrung zu suchen.

Typische einheimische Arten die semiclaustral gründen:

  • Myrmica sp.
  • Manica rubida

Sozial parasitäre Gründung

Lasius fuliginosusLasius fuliginosus
In der sozial parasitären Gründung "übernimmt" eine Königin eine andere bereits bestehende Ameisenkolonie. Hier muss man aber auch wieder zwischen 2 unterschiedliche Wirtskolonien unterscheiden. Einerseits wird eine intakte Ameisenkolonie überfallen, andererseits muss die Wirtskolonie weisellos sein. Weisellos heißt, dass in dieser Kolonie bereits die Königin verstorben ist. Gründet eine parasitäre Art lediglich bei einer anderen parasitären Art nennt man dies hyperparasitär.

Parasitäre Gründung bei einer weisellosen Wirtskolonie

Um die parasitäre Gründung durchzuführen versucht die Königin zuerst mithilfe eines Täuschungsmanövers in die Kolonie vorzudringen. Hierfür töte diese Königin meist eine oder mehrere Arbeiter der Wirtskolonie um den Kolonieduft (gesteuert über Pheromonen) anzunehmen. Durch diesen Trick meint die Wirtskolonie, dass die Königin zu ihrem Volk gehört. Natürlich läuft dies nicht so einfach ab, da der duft der Kolonie nicht so einfach übernommen werden kann und es oft zu Angriffen von Arbeiter kommt. Hat sie den Duft übernommen dringt die Königin in die Wirtskolonie ein und versucht sobald als möglich Nahrung von den Arbeiter zu bekommen. Da sozial gründende Königinnen über wenig Reserven verfügt ist dies ihre Hauptpriorität. Normalerweise verstirbt solch keine Königin bereits nach wenigen Tagen, wenn diese keine Wirtskolonie gefunden hat. Ist die Königin nun in ein Volk eingedrungen fängt diese auch an erste Eier zu legen. Diese werden in seltenen Fällen selbst von der König versorgt sondern einzig und allein von der Wirtskolonie.

Parasitäre Gründung bei intakter Wirtskolonie

Bei eine intakten Wirtskolonie dringt die Königin auch in das Nest der Wirtskolonie ein. Hier hat sie aber auch unterschiedliche Strategien. Einerseits macht sie die oben ausgeführte Strategie oder sie rennt gezielt direkt in das Nest und nistet sich dort ein. Abhängig um welche Art es sich handelt ist es entweder das Ziel der sozial parasitären Königin, direkt die Königin der Wirtskolonie zu töten. Aber dies ist auch nicht immer der Fall. Es kann auch sein, dass die neue Königin die alte Königin auch in Ruhe lässt. Durch das aussondern "stärkere" Pheromonen kommt es auch vor, dass die alte Königin auch einfach nicht mehr versorgt wird und deshalb verstirbt. Durch die Eiablage beginnt auch hier die eigentliche Übernahme der Kolonie.

Typische einheimische Arten die parasitär gründen:

  • Lasius umbratus

Zweignestbilung

Eine Weitere Art der Gründung ist durch die Bildung von Zweignestern. Gerade bei hochinvasiven Arten kann man diese Gründung recht häufig beobachten. Hierbei spricht man auch von Superkolonien. Die Begattung der Königin findet hier meist bereits im Nest statt. Ein Zweignest wird daraufhin durch das abspalten eines Teils der Kolonie gegründet. Hierbei wandert ein Teil der bestehenden Kolonie ab, meist nur weniger Meter vom ursprünglichen Nest. Dieses Zweignest befindet sich jedoch noch in Verbindung zum alten Nest. Solch ein Verhalten kann man auch bei unseren einheimischen Waldameisen beobachten. Man findest oft mehrere Hügel in unmittelbarer Nähe voneinander und diese sind somit wahrscheinlich Zweignester der ursprünglichen Kolonie.

Typische einheimische Arten die sich hauptsächlich durch Zweignest Bildung gründet:

  • Formica polyctena

Sonderformen der Gründung

In dem meisten Fällen läuft eine Gründung einer Ameisen Kolonie nach den 3 oben Beschrieben Arten statt. Jedoch gibt es auch noch ein paar Sonderformen.

Pleometrose

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Von Pleometrose spricht man, wenn mehrere Königinnen gleichzeitig gründen. Diese Form finden bei allen 3 oben genannten Gründungen statt. Ein typischen beispiel für die claustrale Gründung mit Pleometrose findet man bei Lasius flavus. Meisten gründen hier mehrere Kolonien zusammen in einer Gründungskammer. Es kann dann später vorkommen, dass sich die Königinnen gegenseitig angreifen bis nur noch eine übrig bleibt. Jedoch kann bei solchen Kämpfen auch vorkommen, dass alle Königin dabei eingehen.

Typische einheimische Arten die oft in Pleometrose gründen:

  • Lasius flavus

Permanenten Sozialparasitismus

Polyergus rufescensPolyergus rufescens
Von einer permanenten Sozialparasitismus spricht man, wenn die nachkommen der neuen Königin sich nicht selbständig um die Brut Kümmern kann und die Kolonie abhängig von anderen Arbeiterinnen ist, die die Brutpfege übernimmt. Diese Arbeiter bzw. diese Puppen und Larven werden bei sogenannten Beutezügen von anderen Kolonien erbeutet. Ich selbst konnte einmal einen Raubzug von Polyergus rufescens beobachten. Diese Kolonien sind leider sehr selten bei uns.

Typische einheimische Arten die eine permanenten Sozialparasitismus betreiben:

  • Polyergus rufescens

Gründung in der Ameisenhaltung

Die Gründung in der Ameisenhaltung läuft meistens nach dem selbem Schema ab. Zuerst ist es am wichtigsten zu wissen, nach welcher Art die Königin, die ihr gefunden habt, gründet.

Claustrale Gründung

ReagenzgläserReagenzgläser
Hierbei ist die claustrale Gründung meistens am einfachsten. Hierfür bereitet ihr ein Reagenzglas mit Wassertank vor. In diese wird die Königin gepackt. Verschließt das Reagenzglas mit etwas Watte um am besten verdunkelt ihr dieses z.B. mit Alufolie, sodass es dunkel für die Königin ist. Nun kommt aber der schwierigste Teil in der Haltung. Ihr müsst nun dieses Reagenzglas an einen ruhigen Ort legen, dass am besten kaum bis keine Erschütterungen hat. Dann "vergesst" ihr die Königin für 1-2 Monat. Sprich in dieser Zeit solltest ihr am besten nicht nachsehen was die König macht. Manche Arten reagieren extrem wenn ihr zu früh nachschaut was diese macht und es kommt vor, dass sie aus Schutzreflex ihr Brut frisst. Des Weiteren kann es sein, dass Königinnen erst nach der Winterruhe mit der Gründung anfangen. Also hier ist das wichtigste Gebot in der Haltung. Habt Geduld!

Semiclaustrale Gründung

Reagenzglas in ArenaReagenzglas in Arena
Hier bietet ihr wie bei der clautralen Gründung ein Reagenzglas mit Wassertank an. Jedoch solltet ihr hier nicht das Reagenzglas verschließen, da die Königin auf Nahrungssuche geht. Hierfür solltet ihr das Reagenzglas in eine kleine Arena legen. Bietet hier aber auch etwas Baumaterial an, dass die Königin ihren Eingang zubauen kann. Dies bietet ihr Schutz und beruhigt sie auch. Bei einigen Arten, wie z.B. Manica rubida empfehle ich, dass ihr in der Arena gleich etwas Sand bzw Bodengrund hinein macht. Darin vergrabt ihr das Reagenzglas. Hierbei habe ich größere Erfolge in der semiclaustralen Gründung erzielt. Wichtig ist zu erwähnen, dass ihr gleich von Anfang an Proteine und Zuckerwasser anbieten müsst.

Parasitäre Gründung

Hier sollten am besten Anfänger die Finger lassen. Eine sozial parasitäre Gründung ist nicht sehr einfach. Ich habe bereits auch ein paar Versuche unternommen, die leider bisher nicht sehr erfolgreich waren. Am besten zweigt ihr einige Arbeiter von einer existierenden Kolonie ab und gebt diesen aber ein paar Larven un Puppen. Diese gebt ihr in ein Reagenzglas mit Wassertank. Dieses wird in eine kleine Arena, wieder mit Baumaterial, gelegt. Später gebt ihr die sozial parasitär gründende Königin dazu. Wichtig hier sind Ausweichmöglichkeiten. Proteine und Zuckerwasser sollten zugänglich sein.